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Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) | 18.01.2022

Einigung mit dem Land Hessen – Absichtserklärung zu Investitionsfördermitteln verbessert Rahmenbedingungen für das UKGM

Interview mit Dr. Christian Höftberger, Vorstandsvorsitzender der RHÖN-KLINIKUM AG, Dr. Gunther K. Weiß, Vorsitzender der Geschäftsführung des UKGM und Mitglied im Vorstand der RHÖN-KLINIKUM AG, sowie Prof. Dr. Werner Seeger, Ärztlicher Geschäftsführer des UKGM, Gießen, und stellv. Vorsitzender der Geschäftsführung UKGM

Herr Dr. Höftberger, die Asklepios-Gruppe, die RHÖN-KLINIKUM AG und das UKGM haben mit dem Land Hessen eine Vereinbarung über Investitionsfördermittel für das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) erzielt. Was bedeutet diese Absichtserklärung für das UKGM?

Dr. Höftberger: Wir freuen uns, dass es nach langen, intensiven Verhandlungen gelungen ist, mit dem Land Hessen diese Absichtserklärung schließen zu können. Sie stellt ein klares Bekenntnis des Landes dar, dem UKGM langfristige Planungssicherheit zu geben. Auch wenn in den kommenden Jahren große Herausforderungen bestehen bleiben und die zugesagten Fördermittel nur einen Teil der notwendigen Investitionen abdecken, ist die Absichtserklärung ein Beleg dafür, dass das Land Hessen und die RHÖN-KLINIKUM AG gemeinsam das UKGM als Maximalversorger und Wissenschaftsstandort langfristig stärken wollen. Klar ist aber auch, dass aufgrund der nicht ausreichenden Fördermittel das UKGM künftig Gewinne erwirtschaften muss, damit wir die notwendigen Baumaßnahmen Geräteerneuerungen und sonstige Investitionen auch alle umfassend umsetzen können.

Die Einigung liegt deutlich unter den Erfordernissen, die Sie, Prof. Seeger, gegenüber Medien genannt haben. Warum ist das trotzdem ein guter Abschluss für das UKGM?

Prof. Seeger: Weil die Einigung uns neue Perspektiven eröffnet. Natürlich reichen die zusätzlichen Mittel des Landes von zunächst rund 45 Millionen Euro pro Jahr nicht aus, um alle bautechnischen Erneuerungen und Ersatzbeschaffungen bzw. Neubeschaffungen von medizinischen Geräten umzusetzen. Dennoch verbessern sich dadurch die Rahmenbedingungen für das UKGM deutlich. Und das ist eine gute Botschaft! Es muss allerdings längerfristiges Ziel bleiben, die gleichen Arbeitsbedingungen wie alle anderen Universitätskliniken in Deutschland zu erreichen.

Die Vereinbarung sieht aber auch Auflagen für das UKGM vor. Was sind die wichtigsten Aspekte dieser Vereinbarung? Und welchen Beitrag wird die RHÖN Klinikum AG leisten?

Dr. Weiß: Die Krankenhausfinanzierung – auch jene der Universitätskliniken – ruht bundesweit auf zwei Säulen. Während die Betriebskosten von den Krankenkassen finanziert werden, sollen die Investitionskosten von dem jeweiligen Bundesland getragen werden. Das gilt unabhängig von der Trägerstruktur für alle Kliniken, also unabhängig davon, ob sich das einzelne Krankenhaus in Ã¶ffentlicher Trägerschaft (Stadtkrankenhaus, Landkreis…), in der Trägerschaft eines freigemeinnützigen Trägers (Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz usw.) oder in privater Trägerschaft sich befindet. Für die Unikliniken bestehen dazu zwar Sonderregelungen, das Prinzip der dualen Finanzierung gilt auch für sie: Der zweite Teil der Entgelte – die Investitionskosten – sollten unabhängig vom Träger der Klinik vom jeweiligen Land kommen. Der wichtigste Aspekt der Vereinbarung ist daher sicherlich, dass das Land Hessen zukünftig dem Geist dieser dualen Krankenhausfinanzierung verstärkt nachkommt. Dieses Engagement für die Zukunftsfähigkeit des UKGM beruht auf Gegenseitigkeit. Das zeigt sich in unserer Selbstverpflichtung zur Thesaurierung der Gewinne des UKGM in diesem Zeitraum. Konkret heißt das, dass erwirtschaftete positive Betriebsergebnisse nicht das UKGM verlassen, sondern in die Verbesserung der Klinikstruktur investiert werden.

Welche Vorteile bietet die Vereinbarung konkret für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Patientinnen und Patienten sowie die Forschung und Lehre am UKGM?

Prof. Seeger: Wir haben ein klares Ziel für das UKGM: Die Universitätsklinik soll international führend in der Forschung sein und gleichzeitig auch weiterhin Spitzenmedizin für die Region anbieten. Angesichts der sich stark verändernden Rahmenbedingungen im Gesundheitssektor sind dazu fortlaufend ausreichend hohe Investitionen notwendig. Daher sind die zugesagten Fördermittel ein wichtiger Schritt, um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Voraussetzungen für optimale Patientenversorgung und universitäre Forschung und Lehre konkret zu verbessern.

Die RHÖN-KLINIKUM AG und das UKGM sind für diese Vereinbarung Kompromisse eingegangen. Werden diese in den kommenden Jahren nicht doch noch zu Problemen für das UKGM führen?

Dr. Höftberger: Auflagen für Investitionsfördermittel sind natürlich ungewöhnlich in der deutschen Krankhauslandschaft – aber sie waren unumgänglicher Teil des Kompromisses, den die RHÖN-KLINIKUM AG mit dem Land Hessen in den Verhandlungen für die Absichtserklärung erzielt haben. Auf dieser Basis werden wir jetzt die konkreten Vereinbarungen mit dem Land ausgestalten. Natürlich wird es durch die Auflagen schwieriger, während der Laufzeit der Vereinbarung im Sinne des UKGM flexibel auf die sich deutlich verändernden Rahmenbedingungen im Gesundheitssektor zu reagieren. Wie bislang auch müssen wir die bevorstehenden Veränderungen – denken Sie etwa an den Veränderungsbedarf des Gesundheitswesens z.B. durch die Digitalisierung und Ambulantisierung und die in der Pandemie sichtbar gewordenen Schwachstellen der bisherigen Finanzierungssystematik – nutzen, um noch besser zu werden. Dank des hohen Engagements unser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und dem Vertrauen unserer Patientinnen und Patienten in unsere Medizin wird es uns gelingen, die über die Landesfördermittel hinausgehenden Mittel durch wirtschaftliches Handeln zu erzielen. Etwa durch Synergien im Konzerneinkauf innerhalb der Asklepios Gruppe oder durch die Etablierung eines „Hubs“ für Forschung mit Gesundheitsdaten aus der gesamten Gruppe, natürlich im Rahmen der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten.

In Medienberichten war in den vergangenen Wochen immer wieder zu lesen, dass die RHÖN-KLINIKUM AG beim Kauf der Mehrheit am UKGM auf Investitionsfördermittel freiwillig verzichtet hat. Wie passen diese Darstellungen zu der jetzt getroffenen Vereinbarung?

Dr. Höftberger: Die RHÖN-KLINIKUM AG ist der Überzeugung, dass zu keinem Zeitpunkt dauerhaft auf Investitionsfördermittel des Landes verzichtet wurde. Bei der Privatisierung des Universitätsklinikums im Jahr 2006 wurde lediglich zugesagt, über die ersten Jahre eine Reihe klar definierter Investitionsmaßnahmen ohne Fördermittel zu finanzieren. Das waren insbesondere die Neubaumaßnahmen an beiden Standorten, für die die RHÖN-KLINIKUM AG initial 367 Millionen Euro an Investitionsmitteln zugesagt hatte. Wir haben seitdem in etwa doppelt so viel investiert und müssen die dafür notwendige Zins- und Tilgungslast jedes Jahr erwirtschaften.

Nach dem die Vereinbarung mit dem Land erzielt wurde, welche Investitionsmaßnahmen werden am UKGM jetzt in den kommenden Jahren konkret umgesetzt?

Prof. Seeger: In den kommenden Jahren stehen viele, sehr wichtige Investitionsmaßnahmen an. Über die einzelnen Maßnahmen werden wir uns gemeinsam mit dem Land auf eine Projektliste verständigen, und diese schnellstmöglich umsetzen. Diese Gespräche werden kurzfristig aufgenommen. Die Maßnahmen werden sicherlich einige herausragende bauliche und technische Investitionen umfassen. Aber mindestens genauso wichtig ist es, fortlaufend medizintechnische Geräte zu erneuern, um einen hohen Standard der Gesundheitsversorgung sicherstellen zu können.

Die neue Zukunftsvereinbarung ist ja zunächst eine Absichtserklärung. Wie geht es jetzt weiter?

Dr. Weiß: Sämtliche getroffenen Regelungen stehen unter dem Vorbehalt einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung, die jetzt als Umsetzungsvereinbarung ausgearbeitet wird und der alle Beteiligten zustimmen müssen. Ich bin jedoch sehr zuversichtlich, dass wir mit dem konstruktiven Willen der bisherigen Verhandlungen auf unterschiedlichen Ebenen diesen Prozess jetzt auch zügig in den kommenden Wochen abschließen können. Im Sinn des UKGM ist es wichtig, dass wir so schnell wie möglich die Umsetzung starten, weil dies dann auch zu einer Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen wird.